Das KjG-Projekt „YOUrope – StrippenzieherInnen für eine jugendgerechte EU“ hatte zur Europawahl 2014 ein Starterkit erstellt mit Anregungen und Forderungen für eine Europäische Union „in der die Rechte von Jugendlichen (14-25 Jahren) ernst- und wahrgenommen werden“. Inzwischen ist es über den KjG-Server nicht mehr verfügbar, bei Kathtube gibt es aber eine Kopie.

Herausgeber ist die Bundesstelle der Katholischen Jungen Gemeinde e. V., für Text und Redaktion war der Internationale Ausschuss der KjG verantwortlich. Fertigstellung war wohl bereits im Februar, der (inzwischen nicht mehr erreichbare) URL auf dem KjG-Server läßt aber auf einen Upload am 14. Mai schließen. Bisher war es aber wohl noch niemandem aufgefallen, was da wirklich drin steht.

Gestern titelte Kath.net: Der Abtreibungsskandal bei der ‘Katholischen jungen Gemeinde’ – das sind harte Worte. Doch der Skandal ist eigentlich noch größer.

Im Abschnitt Recht auf Sexuelle Selbstbestimmung und Entscheidung über den eigenen Körper (S. 57f.) wird ein Recht auf freie Wahl von sexueller Orientierung, Sexualpartnern, Sexualpraktiken und sexuellen Beziehungen propagiert. Und darüber hinaus auch das „Recht auf Entscheidung über den eigenen Körper“, was den kostenfreien Zugang zu reproduktiver Gesundheitsversorgung einschließt – also auch Abtreibung. Alles unter dem Hintergrund, dass in Bezug auf Sexualität jeder alles das machen können solllen darf, worauf er Lust hat. Freiheit, keine Einschränkungen.

Josef Bordat analysiert den Inhalt sehr treffend als Eine Ethik, die über Leichen geht:

Wenn man Freiheit auch dort gewährt, wo es keine Freiheit gibt, muss man Rechte einräumen, auf die es kein Recht gibt. Wer für (fast) alle Formen der Sexualität offen ist […], muss die Konsequenzen von vorne herein normativ abfedern. Koste es, was es wolle.

Das heißt natürlich nicht, dass jedem einzelnen KjGler das Katholischsein abgesprochen werden soll, aber als Katholik und KjGler sollte man sich schon fragen, in was für einem Verein man da Mitglied ist!

Wenn die Bundesstelle eines Jugendverbands solche Aussagen verkündet, widerspricht sie der Lehre der Katholischen Kirche, der sie sich eigentlich zugehörig gibt: Die aufgezeigten Forderungen und moralischen Bewertungen haben mit dem Namensbestandteil „katholisch“ nichts mehr zu tun.

Eine etwas irritierende Bemerkung fällt noch im Schlusssatz des betreffenden Abschnitts:

Die KjG setzt sich für eine Auseinandersetzung mit diesem Recht auf Basis des christlichen Menschenbildes ein, und geht den Weg einer wertebezogenen Sexualpädagogik weiter.

Welches christliche Menschenbild kann denn eine Basis für die Auseinandersetzung mit solch unchristlichen Forderungen sein? Es kann keine Auseinandersetzung, sondern nur klare Ablehnung geben: Das Töten ungeborener Kinder ist nicht verhandelbar, sondern uneingeschänkt moralisch falsch. Auf keinen Fall kann es dafür herhalten, die angeblichen Freiheiten und Rechte anderer Menschen durchzusetzen.

Auf welche „Werte“ sich die „wertbezogene Sexualpädagogik“ der KjG zu stützen glaubt, ist schleierhaft. Christliche Werte können es wohl nicht sein.

Am Freitag gab Matthias Kopp, Pressesprecher der Deutschen Bischofskonferenz, gegenüber Kath.net bekannt:

Bereits vor mehreren Wochen hat der Vorsitzende der Jugendkommission der Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Dr. Karl-Heinz Wiesemann, kurz nach Bekanntwerden des Dokumentes – ein Gespräch mit der Bundesleitung der KJG geführt und unmissverständlich erklärt, dass das Dokument in dieser Fassung in bestimmten Passagen völlig unvereinbar mit der katholischen Lehre sei. Die Bundesleitung hat sich für den Vorgang entschuldigt und ihre Fehler eingeräumt. Das Dokument wurde umgehend geändert. [Hervorhebung durch den Autor]

Das Dokument ist derzeit jedenfalls nicht erreichbar. Wenn es eine Änderung gab, sagt das ja noch nicht, was geändert wurde und was jetzt da steht. Also alles recht dünn, von der KjG selbst gibts scheinbar auch noch keine Stellungnahme, mal schaun ob da noch was kommt.

Für welchen Vorgang hat sich die Bundesleitung eigentlich entschuldigt und bei wem? Für das Erstellen des Dokumentes? Für dessen Veröffentlichung? Oder dass sie den Jugendbischof nicht ernst genommen haben? Es sei mal außer Acht gelassen, dass sich niemand selbst ent-schuldigen, sondern nur einen Betroffenen um Ent-Schuldigung bitten kann. Das mag aber auch ein sprachlicher Lapsus des DBK-Sprechers sein.

Mit einer Änderung der betroffenen Textbestandteile (angenommen, sie sei inhaltlich akzeptierbar) und einer Entschludigung (angenommen sie sei erfolgt – bei wem und warum auch immer) wäre das Ganze nun aber wohl kaum erledigt. Da liegt schließlich mehr dahinter, wenn in einem angeblich katholischen Verband solche eindeutig unkatholischen Positionen vertreten werden. Schließlich musste der Jugendbischof persönlich darauf hinweisen, dass das so nicht geht. Man müsste doch eigentlich davon ausgehen können, dass der Widerspruch jedem Katholiken bewusst sein sollte. Gerade wenn man extra Ausschüsse und Gremien für solche irrsinnigen Textproduktionen einsetzt.

Ein kleiner Lesetipp aus zwei Facebook-Kommentaren: Benedikt XVI.: Die Ökologie des Menschen (Pattloch 2012 ISBN 978-3-629-13021-1). Vielleicht sollte man der KjG mal eine Ausgabe zukommen lassen…

Das gibts bei der Hessische Landeszentrale für politische Bildung für 4€ + Versand, unter 27-jährige aus Hessen zahlen nur Porto.